Synthetische Makromoleküle für das 21. Jahrhundert: Neuartige Pharmapolymere, Polymer-basierte Batterien und nachhaltige Kunststoffe unter Einsatz künstlicher Intelligenz und Automatisierung
Vortragender: Prof. Dr. Ulrich S. Schubert
Institution:Friedrich-Schiller-Universität Jena
Datum:Montag, 25. März 2024
Zeit:11:00 - 12:30 Uhr
Raum:Abbe-Saal
Beitrags-Nr.:VC 25-PV1
Hinweis:Plenarvortrag

Seit ihrer ersten Erwähnung im Jahr 1920 durch den deutschen Chemiker Hermann Staudinger haben sich Polymere (Makromoleküle, umgangssprachlich Kunststoffe) zu einer der wichtigsten Materialklassen der heutigen Gesellschaft entwickelt. Folglich steigt die weltweite Produktion jedes Jahr. Die Bandbreite an unterschiedlichen Eigenschaften, die mit Polymermaterialien erreichbar sind, ermöglicht vielfältige Anwendungen, die von Automobilen bis hin zu Medikamenten und Energiespeichersystemen reichen. All diese Anwendungen wären ohne Polymere nicht möglich. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass Polymere zunehmend negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt haben. Eine fehlende Recyclingstrategie führt zu steigenden Müllbergen, Mikroplastik verteilt sich in der Umwelt, und der Einsatz fossiler Rohstoffe hinterlässt einen enormen CO2-Fußabdruck bei Lebensmitteln.
Die Herausforderungen, vor denen die Polymerforschung im 21. Jahrhundert steht, sind groß und müssen bewältigt werden, um nachhaltige und zirkuläre Polymeranwendungen zu ermöglichen. Dies kann jedoch nur durch das Zusammenspiel der Polymerwissenschaften mit anderen Disziplinen und nur durch den Einsatz neuester Technologien erreicht werden. Dabei spielen insbesondere Hochdurchsatzmethoden, roboterbasierte chemische Technologien und maschinelles Lernen eine wichtige Rolle.
In diesem Vortrag werden die innovativen Ansätze aus Jena zur Synthese und Charakterisierung systematischer vorgestellt. Die gewonnenen Materialien haben potenzielle Anwendungen u.a. in der Medizin als neuartige Pharmapolymere für die Verabreichung von Wirkstoffen, die aktuell nicht als Medikamente genutzt werden können (personalisierte Nanomedizin), für die Weiterentwicklung der mRNA Technologie für die Anwendung in der Krebstherapie und zur Überwindung aktueller allergischer Reaktionen des weit verbreiteten wasserlöslichen PEG-Polymers. Weiterhin können Redox-aktive Polymere als Aktivmaterialien für Metall-freie Batterien eingesetzt werden – von dünnen, flexiblen druckbaren Batterien bis hin zu Redox-Flow-Batterien für stationäre Energiespeicher. Zudem werden neuartige umweltfreundliche Polymere entwickelt mit schaltbaren Bindungen, die ein Recycling auch von Duromeren erlauben (z.B. Rotorblättern von Windkraftanlagen) bzw. neuartige Klebersysteme, die bei Bedarf von „klebend“ auf „nicht-klebend“ geschaltet werden können.