VM 28-003
| Vortragende/r: | Prof. Dr. Jost-Hinrich Eschenburg |
| Institution: | Universität Augsburg |
| Datum: | 28. März 2018 |
| Zeit: | 12:00 - 12:55 Uhr |
| Raum: | 1050 |
Ernsthafte Beschäftigung mit Mathematik jeder Schwierigkeitsstufe gleicht einem Weg, der von der Oberfläche zum Kern eine Problems führt, dessen Verlauf aber erst im Gehen deutlich wird. So erlebt es der Wanderer in den Bergen, der sein Ziel keineswegs vor Augen hat, weil seine Sicht nur bis zur nächsten Wegbiegung reicht; dennoch lässt er sich auf die Wanderung ein. Besonders reizvoll ist es, den Weg an der Quelle zu beginnen und in die Zeit zurückzureisen, als das Problem gelöst, die neue Idee geboren wurde, als man sich tastend und respektvoll auf unbekanntes Gebiet vorwagte, als die "Sternstunde" stattfand: Heureka! Auf solcher Reise wird das Alte ganz neu, und das Eintauchen in die Geschichte hilft zum "Er-leben" der Mathematik.
Ich möchte diesen Gedanken verfolgen am Beispiel der Entwicklung der Gleichungslehre, von der Geburt der "Unbekannten" um 830 durch Al Chwarizmi im "Haus der Weisheit" in Bagdad bis zur
abschließenden Erkenntnis des tragischen jungen Pariser Mathematiker Évariste Galois um 1830, in welchen Fällen genau die Unbekannte durch Grundrechenarten und Wurzelziehen berechnet werden kann. Auf dem 1000-jährigen Weg geschahen "nebenbei" Entdeckungen größter Tragweite, wie die der komplexen Zahlen oder der Gruppen.
Der Titel des Vortrags und des gleichnamigen Buches ist Stefan Zweigs "Sternstunden der Menschheit" entliehen. Wie dort ist die Absicht, Geschichte (hier der Mathematik) in entscheidenden Episoden zu erzählen.